Gemeindebrief von Diakon Gerd Jonissek

Liebe Gemeinde.

Ja, nun ist es soweit. Ich habe mein 65. Lebensjahr im April 2016 vollendet und darf nun, nach über 47 Dienstjahren, in den Ruhestand gehen. 30 Jahre Dienst im Forschungslabor der MHH, 3 Jahre Labor und gleichzeitig Gemeindeaufgaben, und 17 Jahre Dienst in der Gemeinde liegen damit hinter mir. Davon auch 9 Jahre zusätzlich als ehrenamtlicher Notfallseelsorger bei der Berufsfeuerwehr Hannover. Eine wertvolle Zeit, die mich ganz besonders geprägt hat. Alles habe ich gern getan; letzteres eher auch als Berufung erfahren.

Ich erinnere mich an meinen Vater. Er hat zu seiner Frau, meiner Mutter, immer gesagt: „Warte nur, wenn ich erst einmal in Rente bin, dann zeige ich dir noch die ganze Welt.“ Sein Rentnerdasein hat nur wenige Wochen angedauert und mit 63 Jahren ist er gestorben. Ich habe, außer seinen Erfahrungen in Russland, sicher schon mehr von der Welt gesehen, als er damals.

Aber auch ich habe noch Pläne und Vorstellungen vom Rest meines Lebens. Ich möchte mich morgens im Bett noch einmal umdrehen dürfen und dann mit meinem Lebenstag beginnen. Ich möchte Verantwortung ablegen und abgeben. Ich möchte spontan auch einmal Zeit haben für meine Frau, für meine Kinder und meine Enkelkinder. Ich möchte nicht mehr nur noch nach einem übervollen Terminkalender leben müssen, und den Terminkalender anderer dann auch noch mit berücksichtigen müssen. Ich möchte einfach einmal sagen können, dass wir in 3 Tagen für 3 Tage einmal nicht in Hannover sind. Vielleicht sogar auch einmal über ein Wochenende, oder gar über einen hohen Feiertag hinweg.

Auch so stelle ich mir mein Rentnerdasein vor, solange ich gesund bleibe.

Wenn wir Diakone im Hauptberuf unseren Renteneintritt erreicht haben, dann scheiden wir aus der Hauptberuflichkeit aus. Wir bekommen kein Gehalt mehr vom Bistum, sondern erhalten unsere Rentenbezüge vom Staat. Dafür habe ich ja auch 47 Jahre lang in den Generationenvertrag eingezahlt. Gleichzeitig aber bleiben wir auf Grund unserer Weihe Diakone. Diakone mit, oder besser im Zivilberuf. Mein Zivilberuf heißt ab 1.1.2017 „Rentner sein“. Erst die Familie, dann der Zivilberuf und dann die Kirche, so haben wir es in unserer Ausbildung gelernt und es eigentlich in dieser Reihenfolge nie wirklich gelebt, weil immer die Aufgaben in der Kirche an erster Stelle kamen. Ich denke, jetzt ist der Zeitpunkt da, an dem ich mit dieser Reihenfolge auch ernst machen darf und möchte.

Trotzdem bleibe ich gern Diakon, und werde, vorausgesetzt der Bischof belässt mich in dieser Gemeinde, gern immer wieder Aufgaben in dieser Gemeinde auch tun.

Nicht mehr so intensiv wie in den vergangenen Jahren, nicht mehr mit so vielen Gedanken, die mich auch über Nacht beschäftigt haben, nicht mehr immer „Ja sagend“, aber doch weiterhin tuend.

Welche Aufgaben das sind, muss im Team geklärt werden. So geklärt werden, dass beide Seiten damit einverstanden sind. Heute hängt mein Herz an den Alten und den Kranken, an den Kindergartenkindern und den Schulkindern. Vielleicht werde ich in diesem Teil Weinberg weiter wirken. Vielleicht ist da aber ja auch ein anderer Getaufter der diese Aufgaben weiterführen wird. Vielleicht wartet da auch eine ganz neue Aufgabe. „Geh in das Land, das ich dir zeigen werde“, sagt Gott dem Abraham. Meine Textstelle, die mich vor 17 Jahren dazu bewogen hat, einen Beruf aufzugeben und einen anderen zu beginnen. Eine Textstelle, mit der ich immer gut gefahren bin und in der ich mich geborgen gewusst habe.“

Oder, um es auch mit Ihren Fragen zu beantworten: Nicht alle, „denen ich jetzt schon versprochen habe sie zu beerdigen“, werde ich beerdigen können, aber natürlich darf ich es als Diakon im Zivilberuf immer noch. Natürlich darf ich auch ihr zweites Kind noch taufen, und ich tu es gern. Und ein paar, schon angemeldete, Trauungen für das nächste Jahr werde ich auch assistieren. Dabei gilt aber bitte auch immer zu berücksichtigen, dass ich nicht in dem „Tempo“ weiter machen möchte und kann, wie ich es bisher getan habe. Ich bin ja auch Rentner. Sie, und die Gemeinde und der zuständige Pfarrer und auch so mancher Bestatter werden von mir dann auch das Wort hören, was ich in den letzten 17 Jahren verlernt habe zu sagen. Und dieses Wort heißt dann berechtigt auch: „Nein.“

Sie dürfen aber auch wissen, dass mein Herz an dieser Gemeinde hängt, und dass ich mich gern einbringe und gern mitarbeite.

Und weil meine Frau schimpft, wenn sie das jetzt liest, schreibe ich dazu: „Ja, mein Herz hängt auch an dir.“

Ich bedanke mich bei allen Menschen, die mich bis hier her begleitet haben. Auch bei Pfarrer Wojtysiak, der mich auf den Weg gebracht hat und bei Pfarrer Pyrek.

Ich wünsche Ihnen und Euch eine gesegnete Weihnachtszeit und ein gesundes neues Jahr; wünsche Ihnen, dass Sie spüren, dass das kleine Kind, der große Gott, in uns – in jedem von uns - geboren wird.

Als Diakon danke ich all denen, die sich im Jahr der Barmherzigkeit zum Beispiel eingesetzt haben für einen Menschen, der bei uns „einen Stall“ gesucht hat.

Gerhard Jonissek, Diakon